52010PC0094

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung von Kindern sowie der Kinderpornografie und zur Aufhebung des Rahmenbeschlusses 2004/68/JI des Rates /* KOM/2010/0094 endg. - COD 2010/0064 */


[pic] | EUROPÄISCHE KOMMISSION |

Brüssel, den 29.3.2010

KOM(2010)94 endgültig

2010/0064 (COD)

Vorschlag für eine

RICHTLINIE DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung von Kindern sowie der Kinderpornografie und zur Aufhebung des Rahmenbeschlusses 2004/68/JI des Rates

BEGRÜNDUNG

1. KONTEXT DES VORSCHLAGS

- Gründe für den Vorschlag und Zielsetzung

Sexueller Missbrauch und sexuelle Ausbeutung von Kindern sind besonders schwere Verbrechen, da sie sich gegen Kinder richten, die Anspruch auf Schutz und Fürsorge haben. Diese Vergehen verursachen langfristig körperliche, psychische und soziale Schäden bei den Opfern; die Tatsache, dass sie nach wie vor verübt werden, höhlt die Kernwerte einer modernen Gesellschaft in Bezug auf den besonderen Schutz von Kindern aus und untergräbt das Vertrauen in die zuständigen staatlichen Einrichtungen. Obwohl zu diesen Straftaten keine präzisen und zuverlässigen Statistiken vorliegen, hat es einschlägigen Studien zufolge den Anschein, dass eine nicht unerhebliche Minderheit von Kindern in Europa während ihrer Kindheit sexuellen Übergriffen ausgesetzt ist; Forschungsarbeiten zu diesem Thema lassen zudem darauf schließen, dass das Phänomen nicht abnehmen wird, sondern dass bestimmte Formen sexueller Gewalt eher zunehmen werden.

Gemäß Artikel 67 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union verfolgt die Union auf diesem Gebiet das übergeordnete Ziel, durch Maßnahmen zur Verhütung und Bekämpfung von Kriminalität, worunter auch der sexuelle Missbrauch und die sexuelle Ausbeutung von Kindern fallen, ein hohes Maß an Sicherheit zu gewährleisten. Gemäß Artikel 83 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union sollte dies in erster Linie durch die Festlegung von Mindestvorschriften zur Festlegung von Straftaten und Strafen auf dem Gebiet der sexuellen Ausbeutung von Kindern erfolgen. Die spezifischen Ziele würden die wirksame Strafverfolgung umfassen, den Schutz der Rechte der Opfer und die Prävention der sexuellen Ausbeutung und des sexuellen Missbrauchs von Kindern.

- Allgemeiner Kontext

Die Hauptursache von sexuellem Missbrauch und sexueller Ausbeutung von Kindern ist die Verletzbarkeit von Kindern, die auf mehrere Faktoren zurückzuführen ist: Inadäquate Strafverfolgungsverfahren tragen zum Fortbestehen von Kindesmissbrauch und anderen Formen sexueller Gewalt gegen Kinder bei, und die Probleme werden dadurch verschärft, dass bestimmte Formen von Straftaten an den nationalen Grenzen nicht haltmachen. Die Opfer zögern häufig, den Missbrauch zu melden. Unterschiedliche Strafrechtsvorschriften und Strafverfahren der Mitgliedstaaten können unterschiedliche Ermittlungs- und Strafverfolgungsverfahren zur Folge haben, und rechtskräftig verurteilte Sexualstraftäter können nach Abbüßen ihrer Strafe weiterhin gefährlich sein. Die Entwicklungen im Bereich der Informationstechnologie haben diese Probleme weiter verschärft; es ist für die Straftäter leichter geworden, Bilder von Kindesmissbrauch zu produzieren und zu verbreiten und dabei ihre Anonymität der zu wahren und sich dank unterschiedlicher gerichtlicher Zuständigkeiten der Verantwortung zu entziehen. Billigflugtickets und Unterschiede in den sozialen Verhältnissen verstärken den sogenannten Kinder-Sex-Tourismus und führen dazu, dass die Käufer sexueller Dienstleistungen von Kindern im Ausland häufig unbestraft bleiben. Unter anderem dank der Schwierigkeiten bei der Strafverfolgung kann das organisierte Verbrechen relativ risikolos beträchtliche Gewinne erzielen.

Die innerstaatlichen Rechtsvorschriften lösen einige dieser Probleme in unterschiedlichem Maße. Doch sie sind weder streng noch kohärent genug, als dass die Gesellschaft eindeutig und entschlossen auf diese schweren Straftaten reagieren könnte.

Das jüngste Übereinkommen des Europarats zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch (Sammlung der Europaratsverträge Nr. 201) stellt den derzeit höchsten internationalen Standard zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch dar. Auf internationaler Ebene ist das Fakultativprotokoll zum UN-Übereinkommen über die Rechte des Kindes betreffend den Verkauf von Kindern, die Kinderprostitution und die Kinderpornografie aus dem Jahre 2000 die wichtigste Norm. Allerdings sind noch nicht alle Mitgliedstaaten dem Übereinkommen beigetreten.

- Bestehende Rechtsvorschriften auf diesem Gebiet

Auf EU-Ebene trägt der Rahmenbeschluss 2004/68/JI des Rates zu einer Mindestangleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten bei und stellt sicher, dass die schwersten Formen von sexuellem Missbrauch und sexueller Ausbeutung von Kindern unter Strafe gestellt werden, die innerstaatliche gerichtliche Zuständigkeit erweitert und ein Mindestmaß an Operschutz gewährleistet wird. Nachdem die Verpflichtungen im Großen und Ganzen umgesetzt worden sind, zeigen sich die Defizite des Rahmenbeschlusses. Er sorgt nur bei einer begrenzten Anzahl von Straftaten für die Angleichung der Rechtsvorschriften; er erfasst nicht die neuen Formen des Missbrauchs und der Ausbeutung mittels neuer Informationstechnologien; er beseitigt nicht die Elemente, die die Strafverfolgung außerhalb des nationalen Hoheitsgebiets behindern; er wird nicht allen besonderen Bedürfnissen der Opfer von Kindesmissbrauch gerecht und sieht keine adäquaten Maßnahmen zur Verhinderung von Sexualstraftaten vor.

Neben dem Rahmenbeschluss weisen unter anderem die folgenden bereits geltenden oder geplanten EU-Initiativen einen Bezug zur Problematik von Sexualstraftaten gegen Kinder auf: Der Beschluss 2000/375/JI des Rates vom 29. Mai 2000 zur Bekämpfung der Kinderpornographie im Internet, der Rahmenbeschluss 2002/584/JI des Rates vom 13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten, der Rahmenbeschluss 2005/222/JI des Rates vom 24. Februar 2005 über Angriffe auf Informationssysteme, der Beschluss Nr. 854/2005/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 über ein mehrjähriges Gemeinschaftsprogramm zur Förderung der sichereren Nutzung des Internet und neuer Online-Technologien und der Rahmenbeschluss 2008/947/JI des Rates vom 27. November 2008 über die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung auf Urteile und Bewährungsentscheidungen im Hinblick auf die Überwachung von Bewährungsmaßnahmen und alternativen Sanktionen.

- Kohärenz mit den anderen Politikbereichen und Zielen der Union

Die mit dem Rahmenbeschluss verfolgten Ziele sind mit der Politik der EU zur Förderung, zum Schutz und zur Wahrung der Kinderrechte in ihren internen und externen Politikbereichen uneingeschränkt vereinbar. Die EU hat die Kinderrechte ausdrücklich in der Europäischen Charta der Grundrechte, namentlich in Artikel 24, anerkannt. Außerdem hat sich die Kommission in ihrer Mitteilung „Zu einer EU-Kinderrechtsstrategie“ das Ziel gesetzt, die vorhandenen Maßnahmen und Instrumente so weit wie möglich auszuschöpfen, um unter anderem Kinder vor Gewalt und sexueller Ausbeutung inner- und außerhalb der EU zu schützen. Die Ziele der Kommission stehen auch im Einklang mit dem Programm zur Förderung der sicheren Nutzung des Internet und der neuen Online-Techniken, insbesondere durch Kinder, und zur Bekämpfung illegaler Inhalte. Das Programm zur Förderung der sicheren Nutzung des Internet trägt durch eine Reihe von Maßnahmen - Stärkung der Handlungsfähigkeit der Betroffenen, Schutz von Minderjährigen, Bewusstseinsschärfung und Öffentlichkeitsarbeit, Selbstregulierung und Einführung von Sicherheitsinstrumenten – zur Verhütung des sexuellen Missbrauchs von Kindern bei.

Diese Maßnahmen stehen im Einklang mit dem Vorschlag der Kommission zur Verhütung und Bekämpfung von Menschenhandel und zum Opferschutz.

Die Ziele der vorgeschlagenen Richtlinie entsprechen denen der neuen EU-Strategie für die Jugend (Entschließung des Rates vom 27. November 2009), die auf Kinder und junge Menschen zwischen 13 und 20 Jahren abstellt und die die Zusammenarbeit in der europäischen Jugendpolitik fest im internationalen System der Menschenrechte verankert. In der EU-Strategie für die Jugend wird herausgestellt, dass das Leben und die künftigen Lebensaussichten junger Menschen wesentlich davon abhängen, welche Möglichkeiten ihnen in ihrer Kindheit geboten wurden und welche Unterstützung und welchen Schutz sie erfahren haben; die auf lokaler Ebene zuständigen Stellen werden aufgefordert, gefährdete junge Menschen zu erkennen und ihnen zu helfen oder sie gegebenenfalls an andere Stellen weiterzuleiten und den Zugang junger Menschen zur Gesundheitsversorgung zu erleichtern.

Dieser Vorschlag ist gründlich daraufhin geprüft worden, dass seine Bestimmungen mit den Grundrechten und insbesondere der Würde des Menschen, dem Verbot der Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe, den Rechten des Kindes, dem Recht auf Freiheit und Sicherheit, der Freiheit der Meinungsäußerung und der Informationsfreiheit, dem Schutz personenbezogener Daten, dem Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein unparteiisches Gericht sowie den Grundsätzen der Gesetzmäßigkeit und der Verhältnismäßigkeit im Zusammenhang mit Straftaten und Strafen in vollem Einklang stehen.

Besondere Aufmerksamkeit galt Artikel 24 der EU-Charta, der die Mitgliedstaaten verpflichtet, ihr Handeln auf die Gewährleistung des nötigen Kinderschutzes auszurichten. Laut Artikel 24 haben Kinder Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge, die für ihr Wohlergehen notwendig sind. Darüber hinaus ist in dem Artikel in Anlehnung an das UN-Übereinkommen über die Rechte des Kindes festgeschrieben, dass bei allen Kinder betreffenden Maßnahmen öffentlicher oder privater Einrichtungen das Wohl des Kindes eine vorrangige Erwägung sein muss.

Die Bestimmungen, wonach neue Formen des Missbrauchs mittels Internet unter Strafe zu stellen sind, spezielle Ermittlungstechniken anzuerkennen sind, die Straftäter von bestimmten Aktivitäten auszuschließen sind und der Informationsaustausch zu erlauben ist, um die EU-weite Durchführung zu gewährleisten, wurden daraufhin untersucht, ob sie mit dem Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens und dem Schutz personenbezogener Daten (Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention, Artikel 7 und 8 der EU-Charta) in Einklang stehen. Die Bestimmungen zur Verschärfung der Strafverfolgung bei Veröffentlichung und Verbreitung von kinderpornografischem Material, bei Werbung für Kinderpornografie oder der Ermunterung zu Kindesmissbrauch sowie die Einführung von Verfahren zur Sperrung des Zugangs zu Kinderpornografie-Webseiten wurden insbesondere auf ihre Vereinbarkeit mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung (Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention, Artikel 11 der EU-Charta) untersucht.

Die auf Ebene der Europäischen Union verfügbaren Finanzierungsmöglichkeiten zur Unterstützung der Anstrengungen der Mitgliedstaaten können gegebenenfalls genutzt werden, um den Vorschriften dieser Richtlinie nachzukommen.

2. KONSULTATION DER INTERESSIERTEN KREISE UND FOLGENABSCHÄTZUNG

- Konsultation der interessierten Kreise

Konsultationsmethoden, angesprochene Sektoren und allgemeines Profil der Befragten

Es fanden drei Treffen zu den Themen „Sexueller Missbrauch und sexuelle Ausbeutung von Kindern“ und „Menschenhandel“ statt, an denen Sachverständige unterschiedlicher Provenienz teilnahmen wie Regierungsvertreter der Mitgliedstaaten, Mitglieder der Sachverständigengruppe der Europäischen Kommission für Menschenhandel, Mitglieder von internationalen Organisationen, insbesondere Europarat und UNICEF, NRO, Vertreter von Hochschulen, Forschungszentren und anderen öffentlichen Einrichtungen. Eine Reihe von Sachverständigen und Organisationen haben im Anschluss an die Treffen Beiträge und einschlägige Informationen übermittelt.

Im Zuge der im Rat geführten Erörterungen über den Vorschlag der Kommission für einen Rahmenbeschluss zu diesem Thema wurden Informationen zu den Rechtsvorschriften und gängigen Vorgehensweisen der Mitgliedstaaten zusammengetragen. Dabei wurde die Notwendigkeit eines neuen EU-Rahmens zur Annäherung der nationalen Rechtsvorschriften weitgehend bekräftigt.

Zusammenfassung der Beiträge und Erläuterung, wie sie im Vorschlag berücksichtigt wurden

Die wichtigsten Anliegen im Anschluss an die Konsultation waren:

- die Notwendigkeit, Verbesserungen am Übereinkommen des Europarats vorzunehmen

- die Notwendigkeit, vom derzeitigen Rahmenbeschluss nicht erfasste Formen des Missbrauchs, insbesondere neue Formen von Straftaten mittels IT, unter Strafe zu stellen

- die Notwendigkeit, Hindernisse für die Ermittlung und Strafverfolgung in grenzübergreifenden Fällen zu beseitigen

- die Notwendigkeit, umfassenden Opferschutz zu gewährleisten, insbesondere in Ermittlungs- und Strafverfolgungsverfahren

- die Notwendigkeit, Straftaten durch Interventionsprogramme und Behandlung zu verhindern

- die Notwendigkeit sicherzustellen, dass gegen gefährliche Straftäter in einem Land verhängte Urteile und Sicherheitsmaßnahmen in allen Mitgliedstaaten gelten.

Die während der Konsultation eingegangenen Beiträge sind in die Folgenabschätzung eingeflossen. Die Vorschläge, die einige Interessengruppen im Rahmen des Konsultationsverfahrens unterbreitet haben, wurden aus unterschiedlichen Gründen (siehe Folgenabschätzung) nicht in den Vorschlag aufgenommen.

- Einholung und Nutzung von Expertenwissen

Externes Expertenwissen war nicht erforderlich.

- Folgenabschätzung SEK(2009) 355 und Zusammenfassung der Folgenabschätzung (SEK)2009) 356

Im Rahmen des vorherigen Vorschlags für einen Rahmenbeschluss wurden verschiedene Optionen zur Verwirklichung der angestrebten Ziele geprüft.

- Option 1: Keine neuen Maßnahmen auf EU-Ebene

Die EU würde keine neuen Maßnahmen (Rechtsvorschriften, nichtpolitische Instrumente, finanzielle Unterstützung) zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung von Kindern ergreifen, und die Mitgliedstaaten könnten den Prozess der Unterzeichnung und Ratifizierung des Übereinkommens des Europarats fortsetzen.

- Option 2: Ergänzung der bestehenden Rechtsvorschriften durch nichtlegislative Maßnahmen

Die bestehenden EU-Rechtsvorschriften, insbesondere der Rahmenbeschluss 2004/68/JI, würden nicht geändert. Stattdessen könnten nichtlegislative Maßnahmen ergriffen werden, um eine koordinierte Durchführung der nationalen Rechtsvorschriften zu fördern. Darunter würden der Austausch von Informationen und Erfahrungen auf dem Gebiet der Strafverfolgung, des Operschutzes oder der Prävention gehören sowie Maßnahmen zur Bewusstseinsschärfung, die Kooperation mit dem privaten Sektor, die Förderung der Selbstregulierung oder die Entwicklung von Datenerhebungsverfahren.

- Option 3: Neue Rechtsvorschriften zur Verfolgung von Straftätern, zum Opferschutz und zur Prävention von Straftaten

Es würde ein neuer Rechtsakt erlassen, in den die Bestimmungen des bestehenden Rahmenbeschlusses und einige Bestimmungen des Übereinkommens des Europarats sowie weitere in diesen Rechtsinstrumenten nicht enthaltene Bestimmungen einfließen würden. Der neue Rechtakt würde Bestimmungen zur Verfolgung von Straftätern, dem Opferschutz und Präventivmaßnahmen enthalten.

- Option 4: Neue umfassende Rechtsvorschriften zur Verschärfung der Verfolgung von Straftätern sowie einer Verbesserung des Opferschutzes und der Prävention von Straftaten (wie in Option 3) plus nichtlegislative Maßnahmen (wie in Option 2)

Die geltenden Bestimmungen des Rahmenbeschlusses 2004/68/JI würden durch EU-Maßnahmen ergänzt, die das materielle Strafrecht und die Bestimmungen für Strafverfahren ändern, den Opferschutz ausbauen und auf die Prävention von Straftaten zielen würden (wie unter Option 3 plus die nichtlegislativen Maßnahmen unter Option 2 zur Verbesserung der Durchführung der nationalen Rechtsvorschriften).

Eine Analyse der wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen sowie der Auswirkungen auf die Grundrechte ergab, dass sich die Probleme am wirkungsvollsten mit den Optionen 3 und 4 angehen lassen, die zur Verwirklichung der Ziele des Vorschlags führen dürften. Vorzuziehen wäre die Option 4, gefolgt von Option 3.

Zu dem ursprünglichen Vorschlag für einen Rahmenbeschluss des Rates vom 25. März 2009 zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung von Kindern sowie der Kinderpornografie erstellte die Kommission eine Folgenabschätzung, die mutatis mutandis für den vorliegenden Richtlinienvorschlag gilt. Die Folgenabschätzung der Kommission ist abrufbar unter:

http://ec.europa.eu/governance/impact/ia_carried_out/cia_2009_en.htm#jls

3. RECHTLICHE ASPEKTE DES VORSCHLAGS

- Zusammenfassung der vorgeschlagenen Maßnahme

Die neue Richtlinie wird den Rahmenbeschluss 2004/68/JI des Rates aufheben, einen Teil seiner Bestimmungen übernehmen und neue Bestimmungen zu folgenden Teilgebieten enthalten:

- Materielles Strafrecht im Allgemeinen

Schwere Formen des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung von Kindern, die derzeit nicht von den EU-Rechtsvorschriften erfasst sind, würden unter Strafe gestellt. Dazu gehört beispielsweise die Organisation von Reisen, die mit dem Ziel der Begehung sexuellen Missbrauchs durchgeführt werden – ein insbesondere, aber nicht ausschließlich, im Sextourismus mit Kindesmissbrauch anzutreffendes Phänomen. Die Definition des Tatbestands der Kinderpornografie wird der im Übereinkommen des Europarats und im Fakultativprotokoll zum UN-Übereinkommen über die Rechte des Kindes verwendeten Definition angenähert. Besonderes Augenmerk gilt Straftaten gegen Kinder in einer besonders schwachen Position.

In diesem Zusammenhang sollte insbesondere das Strafmaß so erhöht werden, dass die Strafen verhältnismäßig, wirksam und abschreckend sind. Um die Schwere der Straftat zu bestimmen und die Strafen im Verhältnis dazu festzulegen, sind verschiedene Faktoren zu berücksichtigen, die bei verschiedenen Arten von Straftaten eine Rolle spielen können, wie das Ausmaß des Schadens, der dem Opfer zugefügt wurde, das Ausmaß der Schuld des Straftäters und der Grad der Gefahr für die Gesellschaft.

Dementsprechend lässt sich eine Abstufung der verschiedenen Arten von Straftaten vornehmen. Im allgemeinen sind Handlungen mit sexuellen Kontakten schwerwiegender als Handlungen ohne sexuelle Kontakte; das Vorliegen des Tatbestands der Ausbeutung erhöht die Schwere der Straftat; die Anwendung von Nötigung, Gewalt oder Drohungen wiegt schwerer als die Ausnutzung einer Machtposition durch den Straftäter oder einer Schwächeposition des Opfers, was wiederum schwerer wiegt als eine Straftat, die mit dem Einverständnis des Opfers begangen wird. Prostitution, zu der sexuelle Handlungen und Geld gehören, wiegt schwerer als pornografische Darbietungen, die auch ohne sexuelle Handlungen ablaufen können. Kinder zum Zwecke der Prostitution anzuwerben wiegt schwerer als Kinder zur Mitwirkung zu veranlassen, da das Anwerben die aktive Suche nach der Ware „Kind“ impliziert. Die Herstellung von Kinderpornografie impliziert in der Regel das Anwerben und sexuelle Kontakte mit dem Kind und wiegt daher schwerer als die Verbreitung oder der Vertrieb von Kinderpornografie, was wiederum schwerer wiegt als der Besitz oder der Zugang zu Kinderpornografie.

Aus der Kombination dieser Kriterien ergibt sich, dass zwischen fünf Gruppen von Straftaten zu unterscheiden ist, die je nach Schweregrad mit unterschiedlichen Strafen für die „Basisstraftaten“ bedroht sind.

- Neue Straftaten mittels Informationstechnologie

Neue Formen des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung, die durch Informationstechnologie erleichtert werden, sollen unter Strafe gestellt werden. Darunter fallen pornografische Online-Darbietungen sowie der bewusste Zugriff auf Kinderpornografie, um Fälle zu erfassen, in denen das Anschauen von Kinderpornografie auf Webseiten, ohne die Bilder herunterzuladen oder zu speichern, nicht den Straftatbestand des „Besitzens“ oder „Beschaffens“ von Kinderpornografie erfüllt. Auch die neue Straftat des „Grooming“ (Kontaktaufnahme zu Kindern zum Zwecke des sexuellen Missbrauchs) wird in enger Anlehnung an den Wortlaut des Übereinkommens des Europarats aufgenommen.

- Strafermittlung und Einleitung von Strafverfahren

Der Richtlinienvorschlag soll um eine Reihe von Bestimmungen erweitert werden, die die Strafermittlung und Anklageerhebung erleichtern sollen.

- Verfolgung von im Ausland begangenen Straftaten

Die Bestimmungen über die gerichtliche Zuständigkeit sollen geändert werden, um zu gewährleisten, dass Straftäter aus der EU – sowohl solche mit der Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats als auch solche mit gewöhnlichem Wohnsitz in einem Mitgliedstaat -, die Kinder missbrauchen oder ausbeuten, auch dann verfolgt werden, wenn sie die Straftat außerhalb der EU, im Rahmen des sogenannten Kinder-Sex-Tourismus, begehen.

- Opferschutz

Es werden neue (breit gefasste) Opferschutzbestimmungen in den Richtlinienvorschlag aufgenommen, die gewährleisten, dass die Opfer leichten Zugang zu Rechtsbehelfen haben und ihre Teilnahme an Strafverfahren ihnen nicht zum Nachteil gerät. Die neuen Bestimmungen umfassen die Unterstützung, Betreuung und den Schutz von Opfern insbesondere bei strafrechtlichen Ermittlungen und Verfahren.

- Prävention von Straftaten

Es sollen Änderungen in die Richtlinie aufgenommen werden, die die Prävention von Straftaten wie sexuellem Missbrauch und sexueller Ausbeutung von Kindern durch ein Maßnahmenpaket fördern sollen; die Maßnahmen sollen sich auf frühere Straftäter konzentrieren, um Wiederholungstaten zu verhindern, und den Zugang zu Kinderpornografie im Internet beschränken. Durch die zunehmende Erschwerung des Zugangs zu öffentlichen Webseiten soll die Verbreitung von Kinderpornografie eingeschränkt werden. Allerdings ist diese Maßnahme kein Ersatz für die Entfernung der Inhalte an der Quelle oder für die Verfolgung der Straftäter.

Der Vorschlag würde in mehrfacher Hinsicht einen Mehrwert hinsichtlich des im Übereinkommen des Europarats festgelegten Schutzniveaus bewirken. Inhaltlich enthält der Vorschlag Elemente, die im Übereinkommen des Europarats nicht enthalten sind wie die Durchsetzung eines EU-weiten Verbots für Sexualstraftäter, Tätigkeiten im Kontakt mit Kindern auszuüben, die Sperrung des Zugangs zu Kinderpornografie im Internet, die strafrechtliche Verfolgung der Nötigung eines Kindes zu sexuellen Handlungen mit Dritten; der sexuelle Missbrauch von Kindern durch pornografische Online-Darbietungen, und eine Straffreiheitsklausel für Opfer von Kindesmissbrauch. Der Vorschlag geht auch über die im Übereinkommen des Europarats enthaltenen Verpflichtungen in Bezug auf das Strafmaß, die unentgeltliche Rechtsberatung für Opfer von Kindesmissbrauch und die Bekämpfung von Missbrauch und Kinder-Sex-Tourismus fördernden Aktivitäten hinaus. Formal gesehen wird die Aufnahme von Bestimmungen des Übereinkommens des Europarats in EU-Recht die Verabschiedung einzelstaatlicher Maßnahmen im Vergleich zu nationalen Ratifizierungsverfahren beschleunigen und erleichtern und eine bessere Durchführungskontrolle gewährleisten.

- Rechtsgrundlage

Artikel 82 Absatz 2 und Artikel 83 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union

- Subsidiaritätsprinzip

Das Tätigwerden der Europäischen Union unterliegt dem Subsidiaritätsprinzip.

Die Ziele des Vorschlags können aus folgenden Gründen nicht von den Mitgliedstaaten allein ausreichend verwirklicht werden:

Die sexuelle Ausbeutung und der sexuelle Missbrauch von Kindern hat eine beträchtliche grenzübergreifende Dimension, die in der Kinderpornografie und dem Kinder-Sex-Tourismus am deutlichsten sichtbar, aber auch in der Notwendigkeit erkennbar ist, den Schutz von Kindern in allen Mitgliedstaaten vor Straftätern aus allen Mitgliedstaaten, die leicht von einem Land ins andere reisen können, zu gewährleisten. Dies erfordert Maßnahmen auf EU-Ebene; insbesondere sind Folgemaßnahmen zum Rahmenbeschluss 2004/68/JI des Rates und zum Beschluss 2000/375/JI[1] des Rates notwendig, da die Mitgliedstaaten das Ziel eines wirksamen Kinderschutzes weder auf nationaler, regionaler oder lokaler Ebene allein ausreichend verwirklichen können.

Die Ziele des Vorschlags können aus folgenden Gründen besser durch Maßnahmen der Europäischen Union erreicht werden:

Durch den Vorschlag werden das materielle Strafrecht und die Verfahrensvorschriften der Mitgliedstaaten stärker als durch den derzeitigen Rahmenbeschluss angenähert, was sich positiv auf die Bekämpfung dieser Straftaten auswirken wird. Zum einen wird auf diese Weise verhindert, dass sich Straftäter für die Begehung ihrer Taten Mitgliedstaaten mit weniger strengen Vorschriften aussuchen. Zum Zweiten wird durch eine gemeinsame Definition des Straftatbestands der Austausch sachdienlicher Daten und Erfahrungen sowie die Vergleichbarkeit der Daten gefördert, und zum Dritten wird auf diese Weise die internationale Zusammenarbeit erleichtert. Der Vorschlag würde zudem zu einem höheren Schutzniveau für die Opfer von Kindesmissbrauch und Kindesausbeutung beitragen. Das ist ein Gebot der Menschlichkeit und eine Voraussetzung dafür, dass die Opfer die zur Strafverfolgung notwendigen Beweise beibringen. Darüber hinaus würde der Vorschlag zu wirksameren Präventivmaßnahmen in der EU beitragen.

Der Vorschlag steht daher mit dem Subsidiaritätsprinzip im Einklang.

- Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

Der Vorschlag steht aus folgendem Grund im Einklang mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit:

Die Richtlinie beschränkt sich auf das zur Erreichung dieser Ziele auf europäischer Ebene erforderliche Mindestmaß und geht nicht über das dazu erforderliche Maß hinaus; dabei trägt sie der Notwendigkeit präziser Strafrechtsvorschriften Rechnung.

- Wahl des Instruments

Vorgeschlagenes Instrument: Richtlinie

Im Zuge der Bekämpfung der sexuellen Ausbeutung von Kindern ist die Angleichung der Strafrechtsvorschriften der Mitgliedstaaten erforderlich, um die Zusammenarbeit in Strafsachen zu verbessern. Zu diesem besonderen Zweck sieht der Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union nur die Annahme von Richtlinien vor.

4. AUSWIRKUNGEN AUF DEN HAUSHALT

Der Vorschlag hat keine Auswirkungen auf den EU-Haushalt.

5. ZUSÄTZLICHE ANGABEN

- Aufhebung geltender Rechtsvorschriften

Durch die Annahme des Vorschlags werden die bestehenden Rechtsvorschriften aufgehoben.

- Geografischer Anwendungsbereich

Der angenommene Vorschlag wird sich an die Mitgliedstaaten richten. Die Anwendung der Richtlinie auf das Vereinigte Königreich, Irland und Dänemark richtet sich nach den Bestimmungen der Protokolle (Nr. 21 und Nr. 22) zum Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union.

2010/0064 (COD)

Vorschlag für eine

RICHTLINIE DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung von Kindern sowie der Kinderpornografie und zur Aufhebung des Rahmenbeschlusses 2004/68/JI des Rates

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION -

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 82 Absatz 2 und Artikel 83 Absatz 1,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Zuleitung des Entwurfs des Rechtsakts an die nationalen Parlamente,

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses[2],

nach Stellungnahme des Ausschusses der Regionen[3],

gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren[4],

in Erwägung nachstehender Gründe:

1. Sexueller Missbrauch und sexuelle Ausbeutung von Kindern, einschließlich Kinderpornografie, stellen schwere Verstöße gegen die Grundrechte dar, insbesondere gegen die im UN-Übereinkommen über die Rechte des Kindes und in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union festgelegten Rechte des Kindes auf Schutz und Fürsorge, die zu seinem Wohlergehen notwendig sind.

2. Kinderpornografie, d.h. die bildliche Darstellung von sexuellem Missbrauch von Kindern, und andere besonders schwere Formen des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung von Kindern nehmen zu und finden durch die neuen Technologien und das Internet weite Verbreitung.

3. Der Rahmenbeschluss 2004/68/JI des Rates zur Bekämpfung der sexuellen Ausbeutung von Kindern und der Kinderpornografie[5] dient der Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten, damit die schwersten Formen des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung von Kindern unter Strafe gestellt, die nationale gerichtliche Zuständigkeit ausgeweitet und ein Mindestmaß an Opferhilfe bereitgestellt wird. Der Rahmenbeschluss 2001/220/JI des Rates über die Stellung des Opfers im Strafverfahren[6]umfasst eine Reihe von Opferrechten im Strafverfahren, einschließlich des Rechts auf Schutz und auf Entschädigung. Die Koordinierung der Strafverfolgung von Fällen sexuellen Missbrauchs und sexueller Ausbeutung von Kindern sowie von Kinderpornografie wird durch die Annahme des Rahmenbeschlusses 2009/948/JHI des Rates zur Vermeidung und Beilegung von Kompetenzkonflikten in Strafverfahren[7] erleichtert werden.

4. Gemäß Artikel 34 des UN-Übereinkommen über die Rechte des Kindes verpflichten sich die Vertragsstaaten, das Kind vor allen Formen sexueller Ausbeutung und sexuellen Missbrauchs zu schützen. Das Fakultativprotokoll zum UN-Übereinkommen über die Rechte des Kindes betreffend den Verkauf von Kindern, die Kinderprostitution und die Kinderpornographie und insbesondere das Übereinkommen des Europarats zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch[8] sind Meilensteine beim Ausbau der internationalen Zusammenarbeit auf diesem Gebiet.

5. Schweren Straftaten wie der sexuellen Ausbeutung von Kindern und der Kinderpornografie ist durch ein umfassendes Konzept zu begegnen, das die Verfolgung der Straftäter, den Schutz der Opfer im Kindesalter und die Prävention umfasst. Das Wohl des Kindes muss bei jeder Maßnahme zur Bekämpfung dieser Straftaten im Einklang mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und dem UN-Übereinkommen über die Rechte des Kindes eine vorrangige Erwägung sein. Der Rahmenbeschluss 2004/68/JI des Rates sollte durch ein neues Instrument ersetzt werden, das den zur Verwirklichung dieses Ziels erforderlichen umfassenden Rechtsrahmen bietet.

6. Schwere Formen des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung von Kindern sollten mit wirkungsvollen, der Schwere der Tat entsprechenden und abschreckenden Strafen bedroht sein. Dazu gehören insbesondere die verschiedenen Formen des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung, die durch Informations- und Kommunikationstechnologien erleichtert werden. Die Definition der Kinderpornografie sollte präzisiert und stärker an die in internationalen Instrumenten verwendete Definition angeglichen werden.

7. Die Richtlinie soll nicht die Maßnahmen der Mitgliedstaaten hinsichtlich sexueller Handlungen regeln, die auf gegenseitigem Einverständnis beruhen, an denen Kinder beteiligt sein können und die der normalen Entdeckung der Sexualität im Laufe der menschlichen Entwicklung zugeordnet werden können; in diesem Zusammenhang wird auch den unterschiedlichen kulturellen und rechtlichen Traditionen und neuen Formen der Herstellung und Pflege von Beziehungen unter Kindern und Jugendlichen, einschließlich via Informations- und Kommunikationstechnologie Rechnung getragen.

8. Die Strafermittlung und Anklageerhebung bei Strafverfahren sollte erleichtert werden, um der Tatsache, dass es für die Opfer von Kindesmissbrauch schwierig ist, die Straftäter anzuzeigen, und der Anonymität der Straftäter im Cyberspace Rechnung zu tragen. Damit die Ermittlung und Strafverfolgung bei den in dieser Richtlinie genannten Straftaten erfolgreich durchgeführt werden können, sollten den hierfür zuständigen Stellen wirksame Ermittlungsinstrumente zur Verfügung gestellt werden, zu denen die Überwachung des Telekommunikationsverkehrs, die verdeckte Überwachung einschließlich elektronischer Überwachung, die Überwachung von Kontobewegungen oder sonstige Finanzermittlungen gehören können.

9. Die Bestimmungen über die gerichtliche Zuständigkeit sollten geändert werden, um zu gewährleisten, dass Straftäter aus der Europäischen Union, die Kinder missbrauchen oder ausbeuten, auch dann verfolgt werden, wenn sie die Straftat außerhalb der Europäischen Union, insbesondere im Rahmen des so genannten Sextourismus, begehen.

10. Maßnahmen zum Schutz von Opfern im Kindesalter sollten zum Wohle des Kindes angenommen und an den ermittelten Bedürfnissen des Kindes ausgerichtet werden. Die Opfer im Kindesalter sollten leichten Zugang zu Rechtsbehelfen, einschließlich unentgeltlicher Rechtsberatung und kostenfreier rechtlicher Vertretung, sowie zu Maßnahmen zur Lösung von Interessenkonflikten haben, sofern der Missbrauch innerhalb der Familie stattfindet. Darüber hinaus sollten Opfer im Kindesalter vor Strafen beispielsweise nach den nationalen Rechtsvorschriften über Zuwanderung oder Prostitution geschützt werden, wenn sie ihren Fall den zuständigen Stellen melden. Des Weiteren sollte durch die Teilnahme eines Opfers im Kindesalter an Strafverfahren aufgrund der Vernehmungen oder des Blickkontakts mit dem Straftäter nicht ein weiteres Trauma verursacht werden.

11. Um Wiederholungstaten zu verhindern oder möglichst gering zu halten, sollten die Straftäter einer Risikoabschätzung unterzogen werden, bei der die von ihnen ausgehende Gefahr und mögliche Risiken der Wiederholung von Sexualstraftaten gegen Kinder untersucht wird; ferner sollten die Straftäter auf freiwilliger Basis an wirksamen Interventionsprogrammen oder –maßnahmen teilnehmen können.

12. Sofern es aufgrund der vom Straftäter ausgehenden Gefahr und der möglichen Risiken der Wiederholung von Straftaten angemessen ist, sollten rechtskräftig verurteilte Straftäter gegebenenfalls vorübergehend oder dauerhaft von Tätigkeiten ausgeschlossen werden, bei denen es zu regelmäßigen Kontakten mit Kindern kommt. Die EU-weite Umsetzung derartiger Verbote sollte erleichtert werden.

13. Kinderpornographie ist die bildliche Darstellung von sexuellem Missbrauch von Kindern und als solche eine bestimmte Art von Inhalt, der nicht als freie Meinungsäußerung gelten kann. Zur Bekämpfung der Kinderpornografie muss die Verbreitung von Kindermissbrauchsmaterial eingeschränkt werden, indem Straftätern das Laden derartiger Inhalte auf das öffentlich zugängliche Internet erschwert wird. Die Inhalte müssen an der Quelle entfernt werden, und diejenigen Personen, die sich der Herstellung, der Verbreitung oder des Herunterladens von Kindermissbrauchsinhalten schuldig gemacht haben, müssen festgenommen werden. Die EU sollte insbesondere durch verstärkte Zusammenarbeit mit Drittstaaten und internationalen Organisationen dazu beitragen, dass die zuständigen Stellen der Drittstaaten Webseiten mit Kinderpornografie, die von Servern in ihrem Hoheitsgebiet verbreitet werden, leichter entfernen können. Da sich die Entfernung von Kinderpornografieinhalten an der Quelle trotz derartiger Bemühungen aber als schwierig erweist, wenn sich das Originalmaterial nicht in der EU befindet, sollten Verfahren eingeführt werden, um den Zugang vom Hoheitsgebiet der Union zu Internetseiten, die Kinderpornografie enthalten oder verbreiten, zu sperren. Für diesen Zweck eignen sich verschiedene Verfahren: beispielsweise kann die Anordnung einer Sperre durch die zuständigen Justiz- oder Polizeibehörden erleichtert werden oder die Internetanbieter können angeregt oder dabei unterstützt werden, auf freiwilliger Basis Verhaltenkodizes und Leitlinien für die Sperrung des Zugangs zu derartigen Internetseiten zu entwickeln. Um insbesondere sicherzustellen, dass mit Blick auf die Entfernung von Kindermissbrauchsinhalten und die Sperrung des Zugangs zu derartigen Inhalten möglichst vollständige nationale Listen von Webseiten mit Kinderpornografiematerial erstellt werden, und um Doppelarbeit zu vermeiden, sollten die zuständigen öffentlichen Stellen zusammenarbeiten oder ihre Zusammenarbeit verstärken. Derartige Maßnahmen müssen die Rechte der Endnutzer berücksichtigen, den bestehenden Rechts- und Justizverfahren Rechnung tragen und im Einklang mit der Europäischen Konvention der Menschenrechte und der Europäischen Charta der Grundrechte stehen. Im Rahmen des Programms zur sicheren Internetnutzung wurde ein Netzwerk von Hotlines eingerichtet, deren Ziel es ist, Informationen zu sammeln und Berichte über die wichtigsten Arten von illegalen Online-Inhalten zu erstellen und auszutauschen.

14. Da das Ziel dieser Richtlinie, nämlich die Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung von Kindern sowie der Kinderpornografie, von den Mitgliedstaaten allein nicht ausreichend verwirklicht werden kann und daher wegen seines Umfangs und seiner Wirkungen besser auf Unionsebene zu erreichen ist, kann die Union gemäß dem Subsidiaritätsprinzip nach Artikel 3 und Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union tätig werden. Entsprechend dem in Artikel 5 genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Richtlinie nicht über das zur Erreichung dieses Ziels erforderliche Maß hinaus.

15. Die Richtlinie steht im Einklang mit den Grundrechten und Grundsätzen, die insbesondere mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union anerkannt wurden, vor allem der Würde des Menschen, dem Verbot der Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe, den Rechten des Kindes, dem Recht auf Freiheit und Sicherheit, der Freiheit der Meinungsäußerung und der Informationsfreiheit, dem Schutz personenbezogener Daten, dem Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein unparteiisches Gericht sowie den Grundsätzen der Gesetzmäßigkeit und der Verhältnismäßigkeit im Zusammenhang mit Straftaten und Strafen. Die Richtlinie, die insbesondere auf die uneingeschränkte Wahrung dieser Rechte zielt, ist entsprechend umzusetzen.

16. [Gemäß den Artikeln 1, 2, 3 und 4 des Protokolls über die Position des Vereinigten Königreichs und Irlands hinsichtlich des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts im Anhang zum Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union haben das Vereinigte Königreich und Irland mitgeteilt, dass sie sich an der Annahme und Anwendung dieser Richtlinie beteiligen wollen] ODER [Unbeschadet des Artikels 4 des Protokolls über die Position des Vereinigten Königreichs und Irlands hinsichtlich des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts beteiligen sich das Vereinigte Königreich und Irland nicht an der Annahme dieser Richtlinie, die für sie nicht bindend oder anwendbar ist][9] . Gemäß den Artikeln 1 und 2 des dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union beigefügten Protokolls über die Position Dänemarks beteiligt sich Dänemark nicht an der Annahme dieser Richtlinie und ist durch die Richtlinie weder gebunden, noch zu ihrer Anwendung verpflichtet-

HABEN FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:

Artikel 1 Gegenstand

Ziel der Richtlinie ist die Festlegung von Mindestvorschriften zur Definition von Straftaten und Strafen auf dem Gebiet der sexuellen Ausbeutung von Kindern. Des Weiteren sollen gemeinsame Bestimmungen zur Stärkung der Prävention und des Opferschutzes eingeführt werden.

Artikel 2 Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck:

(a) „Kind“ jede Person unter achtzehn Jahren;

(b) „Kinderpornografie”

(i) jegliches Material mit Darstellungen eines Kindes, das an realen oder simulierten eindeutig sexuellen Handlungen beteiligt ist, oder

(ii) jegliche Darstellung der Geschlechtsorgane eines Kindes für primär sexuelle Zwecke; oder

(iii) jegliches Material mit Darstellungen einer Person mit kindlichem Erscheinungsbild, die an realen oder simulierten eindeutig sexuellen Handlungen beteiligt ist oder jegliche Darstellung der Geschlechtsorgane einer Person mit kindlichem Erscheinungsbild für primär sexuelle Zwecke; oder

(iv) realistische Darstellung eines Kindes, das an eindeutig sexuellen Handlungen beteiligt ist oder realistische Darstellung der Geschlechtsorgane eines Kindes, unabhängig von der tatsächlichen Anwesenheit des Kindes, für primär sexuelle Zwecke;

(c) „Kinderprostitution“ das Einbeziehen eines Kindes in sexuelle Handlungen, wenn Geld oder sonstige Vergütungen oder Gegenleistungen dafür geboten oder versprochen werden, dass sich das Kind an sexuellen Handlungen beteiligt; unabhängig davon, ob das Geld, das Versprechen oder die Gegenleistung dem Kind oder einem Dritten zugute kommt;

(d) „Pornografische Darbietung" die Live-Zurschaustellung, auch unter Verwendung von Informations- und Kommunikationstechnologie,

(i) eines Kindes, das an realen oder simulierten eindeutig sexuellen Handlungen beteiligt ist, oder

(ii) der Geschlechtsorgane eines Kindes für primär sexuelle Zwecke;

(e) „juristische Person” jedes Rechtssubjekt, das nach dem jeweils geltenden Recht Rechtspersönlichkeit besitzt, mit Ausnahme von Staaten oder sonstigen Körperschaften des öffentlichen Rechts in der Ausübung ihrer hoheitlichen Rechte und von öffentlich-rechtlichen internationalen Organisationen.

Artikel 3 Straftaten im Zusammenhang mit sexuellem Missbrauch

1. Jeder Mitgliedstaat trifft die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die vorsätzlich begangenen Handlungen nach den Absätzen 2 bis 5 unter Strafe gestellt werden.

2. Wer veranlasst, dass ein Kind, das nach den einschlägigen Bestimmungen des nationalen Rechts das Alter der sexuellen Mündigkeit noch nicht erreicht hat, Zeuge sexuellen Missbrauchs oder sexueller Handlungen wird, auch ohne an diesen teilnehmen zu müssen, wird mit Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren bedroht.

3. Wer sexuelle Handlungen an einem Kind vornimmt, das nach den einschlägigen Bestimmungen des nationalen Rechts das Alter der sexuellen Mündigkeit noch nicht erreicht hat, wird mit Freiheitsstrafe im Höchstmaß von mindestens fünf Jahren bedroht.

4. Wer sexuelle Handlungen an einem Kind vornimmt und

(i) dabei eine anerkannte Stellung des Vertrauens, der Autorität oder des Einflusses auf das Kind missbraucht, wird mit Freiheitsstrafe im Höchstmaß von mindestens acht Jahren bedroht oder

(ii) dabei ausnutzt, dass das Kind aufgrund einer geistigen oder körperlichen Behinderung oder einer Abhängigkeit in einer besonders schwachen Position ist, wird mit Freiheitsstrafe im Höchstmaß von mindestens acht Jahren bedroht oder

(iii) dabei Nötigung, Gewalt oder Drohungen anwendet, wird mit Freiheitsstrafe im Höchstmaß von mindestens zehn Jahren bedroht.

5. Die Nötigung eines Kindes zu sexuellen Handlungen mit Dritten wird mit Freiheitsstrafe im Höchstmaß von mindestens zehn Jahren bedroht.

Artikel 4 Straftaten im Zusammenhang mit sexueller Ausbeutung

1. Jeder Mitgliedstaat trifft die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die vorsätzlich begangenen Handlungen nach den Absätzen 2 bis 11 unter Strafe gestellt werden.

2. Wer veranlasst, dass ein Kind an pornografischen Darbietungen beteiligt ist, wird mit Freiheitsstrafe im Höchstmaß von mindestens zwei Jahren bedroht.

3. Wer die Beteiligung eines Kindes an pornografischen Darbietungen ausnutzt, wird mit Freiheitsstrafe im Höchstmaß von mindestens zwei Jahren bedroht.

4. Wer wissentlich an pornografischen Darbietungen, an denen Kinder beteiligt sind, teilnimmt, wird mit Freiheitsstrafe im Höchstmaß von mindestens zwei Jahren bedroht.

5. Wer Kinder zur Mitwirkung an pornografischen Darbietungen anwirbt, wird mit Freiheitsstrafe im Höchstmaß von mindestens fünf Jahren bedroht.

6. Wer die Mitwirkung eines Kindes an Kinderprostitution veranlasst, wird mit Freiheitsstrafe im Höchstmaß von mindestens fünf Jahren bedroht.

7. Wer ausnutzt, dass ein Kind an Kinderprostitution mitwirkt, wird mit Freiheitsstrafe im Höchstmaß von mindestens fünf Jahren bedroht.

8. Wer sexuelle Handlungen an einem Kind unter Rückgriff auf Kinderprostitution vornimmt, wird mit Freiheitsstrafe im Höchstmaß von mindestens fünf Jahren bedroht.

9. Wer ein Kind zur Mitwirkung an pornografischen Darbietungen nötigt, wird mit Freiheitsstrafe im Höchstmaß von mindestens acht Jahren bedroht.

10. Wer ein Kind zur Mitwirkung an Kinderprostitution anwirbt, wird mit Freiheitsstrafe im Höchstmaß von mindestens acht Jahren bedroht.

11. Wer ein Kind zur Kinderprostitution nötigt, wird mit Freiheitsstrafe im Höchstmaß von mindestens zehn Jahren bedroht.

Artikel 5 Straftaten im Zusammenhang mit Kinderpornografie

1. Jeder Mitgliedstaat trifft die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass vorsätzlich begangene Handlungen nach den Absätzen 2 bis 6 unter Strafe gestellt werden.

2. Der Erwerb oder Besitz von Kinderpornografie wird mit Freiheitsstrafe im Höchstmaß von mindestens einem Jahr bedroht.

3. Das bewusste Zugänglichmachen von Kinderpornografie mittels Informations- und Kommunikationstechnologie wird mit Freiheitsstrafe im Höchstmaß von mindestens einem Jahr bedroht.

4. Der Vertrieb, die Verbreitung und Weitergabe von Kinderpornografie wird mit Freiheitsstrafe im Höchstmaß von mindestens zwei Jahren bedroht.

5. Das Anbieten, Liefern oder sonstige Zugänglichmachen von Kinderpornografie wird mit Freiheitsstrafe im Höchstmaß von mindestens zwei Jahren bedroht.

6. Die Herstellung von Kinderpornografie wird mit Freiheitsstrafe im Höchstmaß von mindestens fünf Jahren bedroht.

Artikel 6 Kontaktaufnahme zu Kindern für sexuelle Zwecke

Jeder Mitgliedstaat trifft die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass folgende vorsätzlich begangenen Handlungen unter Strafe gestellt werden:

Ein Erwachsener, der einem Kind, das nach den einschlägigen Bestimmungen des nationalen Rechts das Alter der sexuellen Mündigkeit noch nicht erreicht hat, mittels Informations- und Kommunikationstechnologie ein Treffen vorschlägt, mit der Absicht, eine Straftat nach Artikel 3 Absatz 3 und Artikel 5 Absatz 6 zu begehen, wird mit Freiheitsstrafe im Höchstmaß von mindestens zwei Jahren bedroht, wenn die auf den Vorschlag folgenden Handlungen zu einem derartigen Treffen geführt haben.

Artikel 7 Anstiftung, Beihilfe und Versuch der Begehung und Vorbereitung von Straftaten

1. Jeder Mitgliedstaat trifft die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die Anstiftung oder die Beihilfe zur Begehung einer Straftat nach den Artikeln 3 bis 6 unter Strafe gestellt wird.

2. Jeder Mitgliedstaat trifft die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass der Versuch der Begehung einer Straftat nach Artikel 3 Absätze 3 bis 5 und Absatz 2 (Zeuge sexuellen Missbrauchs), Artikel 4 Absätze 2 und 3 sowie Absätze 5 bis 11 und Artikel 5 Absatz 2 und Absätze 4 bis 6 unter Strafe gestellt wird.

3. Jeder Mitgliedstaat trifft die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass folgende vorsätzlich begangenen Handlungen unter Strafe gestellt werden:

(a) Die Verbreitung von Schriften, in denen für die Gelegenheit, eine Straftat nach den Artikeln 3 bis 6 zu begehen, geworben wird;

(b) die Organisation von Reisearrangements mit dem Zweck, eine Straftat nach den Artikeln 3 bis 6 zu begehen.

Artikel 8 Auf gegenseitigem Einverständnis beruhende sexuelle Handlungen Gleichaltriger

Die Bestimmungen des Artikels 3 Absatz 2 (Zeuge sexueller Handlungen) und Absatz 3, des Artikels 4 Absätze 2 und 4 sowie des Artikels 5 gelten nicht für auf gegenseitigem Einverständnis beruhende sexuelle Handlungen zwischen Kindern oder zwischen Personen, die ein vergleichbares Alter und einen vergleichbaren mentalen und körperlichen Entwicklungsstand oder Reifegrad haben, sofern die sexuellen Handlungen keinen Missbrauch implizieren.

Erschwerende Umstände

1. Sofern die nachstehenden Umstände nicht bereits ein Tatbestandsmerkmal der in den Artikeln 3 bis 7 genannten Straftaten sind, gelten sie für die Zwecke dieser Richtlinie als erschwerende Umstände:

(a) Das Kind hat nach nationalem Recht das Alter der sexuellen Mündigkeit noch nicht erreicht.

(b) Das Opfer der Straftat ist ein Kind, das aufgrund einer geistigen oder körperlichen Behinderung oder einer Abhängigkeit in einer besonders schwachen Position ist.

(c) Die Straftat wurde von einem Familienmitglied, einer mit dem Kind unter einem Dach lebenden Person oder einer Person, die ihre Autorität missbraucht hat, begangen.

(d) Die Straftat wurde von mehreren Personen gemeinschaftlich begangen.

(e) Die Straftat wurde im Rahmen einer kriminellen Vereinigung im Sinne des Rahmenbeschlusses 2008/841/JI[10] begangen.

(f) Der Täter war zuvor wegen ähnlicher Straftaten rechtskräftig verurteilt worden.

(g) Durch die Straftat wurde das Leben des Kindes gefährdet.

(h) Die Straftat wurde unter Anwendung schwerer Gewalt begangen, oder dem Kind wurde durch die Straftat ein schwerer Schaden zugefügt.

2. Wenn mindestens einer der in Absatz 1 genannten erschwerenden Umstände vorliegt, trifft jeder Mitgliedstaat die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die Straftaten nach den Artikeln 3 bis 6 mit wirksamen verhältnismäßigen und abschreckenden Strafen bedroht werden, die höher ausfallen als die in den Artikeln 3 bis 6 vorgesehenen Strafen für die „Basisstraftaten“.

Artikel 10 Verbot der Ausübung bestimmter Tätigkeiten aufgrund von Verurteilungen wegen Sexualstraftaten

1. Um das Risiko der Wiederholung der Straftat zu umgehen, trifft jeder Mitgliedstaat die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass eine natürliche Person, die wegen einer Straftat nach den Artikeln 3 bis 7 rechtskräftig verurteilt wurde, vorübergehend oder dauerhaft von Tätigkeiten, die regelmäßige Kontakte mit Kindern beinhalten, ausgeschlossen werden kann.

2. Jeder Mitgliedstaat trifft die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die in Absatz 1 genannte Maßnahme in das Strafregister des Mitgliedstaats, in dem der Straftäter rechtskräftig verurteilt wurde, eingetragen wird.

3. Damit die Maßnahme, eine Person vorübergehend oder dauerhaft von regelmäßige Kontakte mit Kindern beinhaltenden Tätigkeiten auszuschließen, wirksam umgesetzt werden kann, trifft jeder Mitgliedstaat – abweichend von Artikel 7 Absatz 2 und Artikel 9 Absatz 2 des Rahmenbeschlusses 2009/315/JI des Rates über die Durchführung und den Inhalt des Austauschs von Informationen aus dem Strafregister zwischen den Mitgliedstaaten[11] – die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass Informationen über das Verbot der Ausübung bestimmter Tätigkeiten aufgrund von Verurteilungen wegen einer Straftat nach den Artikeln 3 bis 7 der Richtlinie auf Antrag nach Artikel 6 des Rahmenbeschlusses von der Zentralbehörde des Mitgliedstaats, dessen Staatsangehörigkeit der Straftäter hat, übermittelt werden und dass personenbezogene Daten im Zusammenhang mit einem derartigen Verbot nach Artikel 7 Absätze 2 und 4 des Rahmenbeschlusses in jedem Fall für derartige Zwecke verwendet werden dürfen; dies trifft insbesondere zu, wenn der Informationen anfordernde Mitgliedstaat den Zugang zu bestimmten Tätigkeiten an Bedingungen knüpft, anhand deren er sicherstellen will, dass potenzielle Kandidaten nicht wegen einer Straftat nach den Artikeln 3 bis 7 dieser Richtlinie rechtskräftig verurteilt wurden.

4. Jeder Mitgliedstaat trifft die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die in Absatz 1 genannte Maßnahme, die in einem anderen Mitgliedstaat angeordnet wurde, anerkannt und durchgesetzt wird.

Artikel 11 Verantwortlichkeit juristischer Personen

1. Jeder Mitgliedstaat trifft die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass eine juristische Person für eine Straftat nach den Artikeln 3 bis 7 verantwortlich gemacht werden kann, die zu ihren Gunsten von einer Person begangen wurde, die entweder allein oder als Teil eines Organs der juristischen Person gehandelt hat und die eine Führungsposition innerhalb der juristischen Person innehat aufgrund

(a) einer Befugnis zur Vertretung der juristischen Person

(b) der Befugnis, Entscheidungen im Namen der juristischen Person zu treffen, oder

(c) einer Kontrollbefugnis innerhalb der juristischen Person.

2. Jeder Mitgliedstaat trifft zudem die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass eine juristische Person verantwortlich gemacht werden kann, wenn mangelnde Überwachung oder Kontrolle seitens einer der in Absatz 1 genannten Personen die Begehung einer Straftat nach den Artikeln 3 bis 7 zugunsten der juristischen Person durch eine ihr unterstellte Person ermöglicht hat.

3. Die Verantwortlichkeit der juristischen Personen nach den Absätzen 1 und 2 dieses Artikels schließt die strafrechtliche Verfolgung natürlicher Personen als Täter oder Gehilfen bei einer Straftat nach Artikel 3 bis 7 nicht aus.

Artikel 12 Sanktionen gegen juristische Personen

1. Jeder Mitgliedstaat trifft die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass gegen eine im Sinne von Artikel 11 Absatz 1 verantwortliche juristische Person wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Sanktionen verhängt werden können, zu denen Geldbußen oder Geldstrafen gehören und zu denen andere Sanktionen gehören können, beispielsweise:

(a) Ausschluss von öffentlichen Zuwendungen oder Hilfen

(b) vorübergehendes oder ständiges Verbot der Ausübung einer Handelstätigkeit

(c) richterliche Aufsicht

(d) richterlich angeordnete Auflösung

(e) vorübergehende oder endgültige Schließung von Einrichtungen, die zur Begehung der Straftat genutzt wurden.

2. Jeder Mitgliedstaat trifft die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass gegen eine im Sinne des Artikels 11 Absatz 2 verantwortliche juristische Person wirksame, angemessene und abschreckende Sanktionen oder Maßnahmen verhängt werden können.

Artikel 13 Verzicht auf Strafverfolgung oder Straffreiheit der Opfer

Jeder Mitgliedstaat sieht die Möglichkeit vor, Kinder, die Opfer von Straftaten nach Artikel 4 und Artikel 5 Absätze 4 bis 6 geworden sind, wegen ihrer Beteiligung an rechtswidrigen Handlungen, die die unmittelbare Folge davon waren, dass sie diesen Straftaten ausgesetzt waren, nicht strafrechtlich zu verfolgen oder zu bestrafen.

Artikel 14 Ermittlung und Strafverfolgung

1. Jeder Mitgliedstaat trifft die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass strafrechtliche Ermittlungen oder die Strafverfolgung in Bezug auf Straftaten nach den Artikeln 3 bis 7 nicht von der Anzeige oder Anklage durch das Opfer abhängig gemacht werden und dass das Strafverfahren auch dann fortgesetzt werden kann, wenn das Opfer seine Aussage zurückgezogen hat.

2. Jeder Mitgliedstaat trifft die erforderlichen Maßnahmen, damit Straftaten nach Artikel 3, Artikel 4 Absätze 2 und 3 sowie Absätze 5 bis 11 und Artikel 5 Absatz 6 während eines hinlänglich langen Zeitraums nach Erreichen der Volljährigkeit durch das Opfer entsprechend der Schwere der betreffenden Straftat strafrechtlich verfolgt werden können.

3. Jeder Mitgliedstaat trifft die erforderlichen Maßnahmen, damit die für die Ermittlung und Verfolgung der Straftaten nach den Artikeln 3 bis 7 zuständigen Personen, Teams oder Dienste über wirksame Ermittlungsinstrumente verfügen, wobei verdeckte Operationen zumindest in den Fällen erlaubt sein sollten, in denen Informations- und Kommunikationstechnologie verwendet wird.

4. Jeder Mitgliedstaat trifft die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die zuständigen Ermittlungsteams oder -dienste in der Lage sind, die Opfer von Straftaten nach den Artikeln 3 bis 7 zu erkennen; dies sollte insbesondere durch die Analyse von übermitteltem oder mit Hilfe von Informations- und Kommunikationstechnologie verfügbar gemachtem kinderpornografischen Material wie Photos und Bild-Ton-Aufzeichnungen erfolgen.

Artikel 15 Meldung des Verdachts sexueller Ausbeutung oder sexuellen Missbrauchs

1. Jeder Mitgliedstaat trifft die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die Vertraulichkeitsbestimmungen, die die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften für die Angehörigen bestimmter Berufsgruppen vorsehen, die im Kontakt mit Kindern arbeiten, diese nicht daran hindern, den für Kinderschutz zuständigen Stellen die Fälle zu melden, bei denen sie berechtigte Gründe für die Annahme haben, dass ein Kind Opfer von Straftaten nach den Artikeln 3 bis 7 ist.

2. Jeder Mitgliedstaat trifft die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass jede Person, die weiß oder einen begründeten Verdacht hat, dass gegen ein Kind eine Straftat nach den Artikeln 3 bis 7 begangen wird, diese den zuständigen Stellen meldet.

Artikel 16 Gerichtliche Zuständigkeit und Koordinierung der Strafverfolgung

1. Jeder Mitgliedstaat trifft die erforderlichen Maßnahmen, um seine Gerichtsbarkeit in Bezug auf Straftaten nach den Artikeln 3 bis 7 in folgenden Fällen zu begründen:

(a) die Straftat wurde ganz oder teilweise in seinem Hoheitsgebiet begangen, oder

(b) bei dem Täter handelt es sich um einen seiner Staatsangehörigen oder der Täter hat seinen gewöhnlichen Aufenthalt in seinem Hoheitsgebiet oder

(c) Opfer der Straftat wurde einer seiner Staatsangehörigen oder eine Person, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in seinem Hoheitsgebiet hat oder

(d) die Straftat wurde zugunsten einer im Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaats niedergelassenen juristischen Person begangen.

2. Jeder Mitgliedstaat trägt dafür Sorge, dass eine Straftat nach den Artikeln 5 und 6 und, soweit relevant, nach den Artikeln 3 und 7, die mittels Informations- und Kommunikationstechnologie verübt wurde, auf die der Zugriff aus seinem Hoheitsgebiet erfolgte, unter seine gerichtliche Zuständigkeit fällt, unabhängig davon, ob sich die Technologien in seinem Hoheitsgebiet befinden.

3 Ein Mitgliedstaat kann beschließen, dass er die Gerichtsbarkeitsbestimmungen in Absatz 1 Buchstaben c) und ) nicht oder nur in bestimmten Fällen oder unter bestimmten Umständen anwendet, wenn die Straftat außerhalb seines Hoheitsgebiets begangen wurde.

4. Für die Strafverfolgung im Falle einer Straftat nach den Artikeln 3 bis 7, die außerhalb des Hoheitsgebiets des betreffenden Staates begangen wurde, trifft jeder Mitgliedstaat in Bezug auf Absatz 1 Buchstabe b dieses Artikels die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die Begründung seiner gerichtlichen Zuständigkeit nicht an eine der folgenden Bedingungen geknüpft wird:

(a) die Straftat stellt an dem Ort, an dem sie begangen wurde, eine strafbare Handlung dar oder

(b) die Strafverfolgung kann nur nach einer Anzeige des Opfers an dem Ort, an dem die Straftat begangen wurde, oder einer Verurteilung durch den Staat, in dem sich der Ort der Begehung der Straftat befindet, eingeleitet werden.

Artikel 17 Allgemeine Bestimmungen für Unterstützungs-, Betreuungs- und Schutzmaßnahmen für Opfer

1. Kinder, die Opfer einer Straftat nach den Artikeln 3 bis 7 sind, erhalten Unterstützung, Betreuung und Schutz, wobei dem Wohl des Kindes stets Rechnung zu tragen ist.

2. Jeder Mitgliedstaat stellt sicher, dass eine Person, die Opfer einer Straftat nach den Artikeln 3 bis 7 wurde, deren Alter aber nicht festgestellt werden konnte und bei der es Gründe für die Annahme gibt, dass es sich bei der Person um ein Kind handelt, als Kind eingestuft wird und bis zur Feststellung seines Alters unmittelbar Zugang zu Hilfeleistungen und Schutz nach Artikel 18 und 19 erhält.

Artikel 18 Unterstützung und Betreuung von Opfern

1. Jeder Mitgliedstaat stellt sicher, dass die Opfer vor, während und für einen angemessenen Zeitraum nach Strafverfahren Unterstützung und Betreuung erhalten, damit sie die im Rahmenbeschluss 2001/220/JI[12] des Rates über die Stellung des Opfers im Strafverfahren und in dieser Richtlinie festgelegten Rechte ausüben können.

2. Jeder Mitgliedstaat trifft die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die Maßnahmen, die die Opfer kurz- und langfristig schützen und bei ihrer körperlichen und psychisch-sozialen Rehabilitation unterstützen sollen, erst ergriffen werden, nachdem die besonderen Umstände jedes Opfers im Kindesalters untersucht und die Ansichten, Bedürfnisse und Sorgen des Kindes gebührend berücksichtigt wurden.

3. Kinder, die Opfer einer Straftat nach den Artikeln 3 und 7 sind, werden als besonders gefährdete Opfer im Sinne von Artikel 2 Absatz 2, Artikel 8 Absatz 4 und Artikel 14 Absatz 1 des Rahmenbeschlusses 2001/220/JI des Rates betrachtet.

4. Jeder Mitgliedstaat stellt sicher, dass die Familie des Opfers - sofern angemessen und möglich - Unterstützung und Betreuung erhält. Insbesondere wendet jeder Mitgliedstaat Artikel 4 des Rahmenbeschlusses 2001/220/JI des Rates auf die betroffene Familie an, sofern dies angemessen und möglich ist.

Artikel 19 Schutz von Opfern im Kindesalter in Strafermittlungen und Strafverfahren

1. Jeder Mitgliedstaat trifft die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass bei Strafermittlungen und Strafverfahren die Justizbehörden in den Fällen, in denen die Träger der elterlichen Verantwortung nach einzelstaatlichem Recht das Kind aufgrund eines Interessenkonflikts zwischen ihnen und dem Opfer nicht in Strafverfahren vertreten dürfen oder in den Fällen, in denen das Kind ohne Begleitung oder von seiner Familie getrennt ist, einen Vertreter des Opfers benennen.

2. Jeder Mitgliedstaat trifft die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass Opfer im Kindesalter unverzüglich Zugang zu unentgeltlicher Rechtsberatung und kostenfreier rechtlicher Vertretung in Strafverfahren, auch zum Zwecke der Beantragung einer Entschädigung, erhalten.

3. Unbeschadet der Verteidigungsrechte trifft jeder Mitgliedstaat die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass bei Strafermittlungen wegen einer Straftat nach den Artikeln 3 bis 7 Folgendes beachtet wird:

(a) Die Vernehmung des Opfers im Kindesalter findet statt, sobald die Fakten den zuständigen Behörden gemeldet wurden, wobei ungerechtfertigte Verzögerungen vermieden werden;

(b) Die Vernehmung des Opfers im Kindesalter findet erforderlichenfalls in Räumen statt, die für diesen Zweck ausgestattet sind oder entsprechend angepasst wurden;

(c) Die Vernehmung des Opfers im Kindesalter wird erforderlichenfalls von oder unter Einschaltung von speziell ausgebildeten Fachleuten durchgeführt;

(d) Sofern dies möglich und angezeigt ist, werden sämtliche Vernehmungen des Opfers im Kindesalter von denselben Personen durchgeführt;

(e) Es sollten möglichst wenige Vernehmungen durchgeführt werden; zudem sollten Vernehmungen nur dann durchgeführt werden, wenn sie für das Strafverfahren unabdingbar sind;

(f) Das Opfer im Kindesalter kann von seinem rechtlichen Vertreter oder gegebenenfalls einem Erwachsenen seiner Wahl begleitet werden, es sei denn, dass in Bezug auf diese Person eine begründete gegenteilige Entscheidung getroffen wurde.

4. Jeder Mitgliedstaat trifft die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass bei strafrechtlichen Ermittlungen wegen einer Straftat im Sinne der Artikel 3 bis 7 sämtliche Vernehmungen des Opfers im Kindesalter oder gegebenenfalls eines Zeugen im Kindesalter auf Videoband aufgenommen und diese Aufnahmen im Einklang mit seinen einzelstaatlichen Rechtsvorschriften als Beweismaterial in Gerichtsverhandlungen verwendet werden können.

5. Jeder Mitgliedstaat trifft die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass bei Strafverfahren wegen einer Straftat nach den Artikeln 3 bis 7 Folgendes erfolgt:

(a) Die Anhörung findet unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt;

(b) durch Einsatz geeigneter Kommunikationstechnologie im Gerichtssaal kann die Anhörung des Opfers im Kindesalter im Gerichtssaal stattfinden, ohne dass das Opfer anwesend ist.

Artikel 20 Interventionsprogramme oder -maßnahmen

1. Jeder Mitgliedstaat trifft die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass bei Personen, die wegen einer Straftat nach den Artikeln 3 bis 7 rechtskräftig verurteilt wurden, eine Einschätzung der Gefahr, die sie darstellen und des Risikos der Wiederholung einer Straftat nach den Artikeln 3 bis 7 vorgenommen wird; Ziel der Risikoabschätzung ist die Ermittlung der für diese Personengruppe geeigneten Interventionsprogramme oder –maßnahmen.

2. Jeder Mitgliedstaat trifft die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass wirksame Interventionsprogramme oder –maßnahmen bereitgestellt werden, die darauf zielen, das Risiko einer Wiederholung von Sexualstraftaten gegen Kinder zu verhindern oder möglichst gering zu halten. Der Täter hat während des Strafverfahrens jederzeit inner- und außerhalb des Gefängnisses unter den in den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften vorgesehenen Bedingungen Zugang zu den Programmen oder Maßnahmen.

Im Falle von noch nicht strafmündigen Kindern, die sexuelle Straftaten begehen, sind die Interventionsprogramme oder –maßnahmen an den spezifischen Entwicklungsbedarf dieser Kinder anzupassen.

3. Jeder Mitgliedstaat trifft die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass eine Person, die wegen einer Straftat nach den Artikeln 3 bis 7 rechtskräftig verurteilt wurde, unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Risikoabschätzung nach Absatz 1 gegebenenfalls

(a) Zugang zu den in den Absätzen 1 und 2 genannten Programmen oder Maßnahmen haben kann

(b) Zugang zu den Spezialprogrammen oder Spezialmaßnahmen angeboten wird

(c) umfassend über die Gründe unterrichtet wird, aus denen ihr die Beteiligung an den Spezialprogrammen oder -maßnahmen nahegelegt wird

(d) einer Teilnahme an den Spezialprogrammen oder -maßnahmen in völliger Kenntnis der Sachlage zustimmt

(e) eine Teilnahme ablehnen kann und ihr die möglichen Konsequenzen einer Ablehnung vor Augen geführt werden.

4. Jeder Mitgliedstaat trifft die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass Personen, gegen die ein Strafverfahren wegen einer der Straftaten nach den Artikeln 3 bis 7 eingeleitet wurde, Zugang zu den in den Absätzen 1 und 2 genannten Programmen oder Maßnahmen unter Bedingungen erhalten können, die sich weder negativ auf ihre Verteidigungsrechte und eine faire und unparteiische Gerichtsverhandlung auswirken noch ihnen zuwiderlaufen und die insbesondere den Regeln des Grundsatzes der Unschuldsvermutung entsprechen.

5. Jeder Mitgliedstaat trifft die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass Personen, die befürchten, dass sie eine der Straftaten nach den Artikeln 3 bis 7 begehen könnten, gegebenenfalls Zugang zu Interventionsprogrammen oder Maßnahmen erhalten können, mit denen die Gefahr möglicher Straftaten eingeschätzt und verhindert werden kann.

Artikel 21 Sperrung des Zugangs zu Webseiten, die Kinderpornografie enthalten

1. Jeder Mitgliedstaat trifft die erforderlichen Maßnahmen, damit der Zugang von Internet-Nutzern zu Webseiten, die Kinderpornografie enthalten oder verbreiten, gesperrt wird. Die Zugangssperrung erfolgt vorbehaltlich angemessener Schutzvorschriften; insbesondere soll sichergestellt werden, dass die Sperrung auf das Nötige beschränkt wird, dass die Nutzer über die Gründe für die Sperrung informiert werden und dass Inhalteanbieter im Rahmen des Möglichen darüber unterrichtet werden, dass sie die Entscheidung anfechten können.

2. Unbeschadet des Vorstehenden trifft jeder Mitgliedstaat die erforderlichen Maßnahmen, damit Webseiten, die Kinderpornografie enthalten oder verbreiten, aus dem Internet entfernt werden.

Artikel 22 Aufhebung des Rahmenbeschlusses 2004/68/JI

Der Rahmenbeschluss 2004/68/JI wird unbeschadet der Verpflichtungen der Mitgliedstaaten im Zusammenhang mit den Fristen für die Umsetzung in innerstaatliches Recht aufgehoben.

Verweise auf den aufgehobenen Rahmenbeschluss gelten als Verweise auf die vorliegende Richtlinie.

Artikel 23 Umsetzung

1. Die Mitgliedstaaten setzen die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften in Kraft, um dieser Richtlinie spätestens bis [ZWEI JAHRE NACH VERABSCHIEDUNG DER RICHTLINIE] nachzukommen. Sie teilen der Kommission unverzüglich den Wortlaut dieser Rechtsvorschriften mit und fügen eine Tabelle der Entsprechungen zwischen der Richtlinie und diesen innerstaatlichen Rechtsvorschriften bei.

Bei Erlass dieser Vorschriften nehmen die Mitgliedstaaten in den Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis bei der amtlichen Veröffentlichung auf diese Richtlinie Bezug. Die Mitgliedstaaten regeln die Einzelheiten der Bezugnahme.

2. Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission den Wortlaut der wichtigsten innerstaatlichen Rechtsvorschriften mit, die sie auf dem unter diese Richtlinie fallenden Gebiet erlassen.

Artikel 24 Berichterstattung

1. Bis [VIER JAHRE NACH ANNAHME DER RICHTLINIE] und danach jeweils alle drei Jahre legt die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat einen Bericht über die Durchführung dieser Richtlinie, einschließlich gegebenenfalls erforderlicher Änderungsvorschläge, vor.

2. Die Mitgliedstaaten übermitteln der Kommission alle Angaben, die für die Erstellung des in Absatz 1 genannten Berichts dienlich sind. Dazu gehört unter anderem auch die ausführliche Beschreibung der zur Umsetzung dieser Richtlinie verabschiedeten gesetzgeberischen und anderen Maßnahmen.

Artikel 25 Inkrafttreten

Diese Richtlinie tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Artikel 26 Adressaten

Diese Richtlinie ist gemäß den Verträgen an die Mitgliedstaaten gerichtet.

Geschehen zu Brüssel am

Im Namen des Europäischen Parlaments Im Namen des Rates

Der Präsident Der Präsident

[1] Beschluss des Rates vom 29. Mai 2000 zur Bekämpfung der Kinderpornografie im Internet – ABl. L 138 vom 9.6.2000, S. 1.

[2] ABl. C […] vom […], S. […].

[3] ABl. C […] vom […], S. […].

[4] ABl. C […] vom […], S. […].

[5] ABl. L 13 vom 20.1.2004, S. 14.

[6] ABl. L 82 vom 22.03.2001, S. 1.

[7] ABl. L 328 vom 15.12.2009, S. 42.

[8] Übereinkommen des Europarats zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch, vom 25.10.2007 in Lanzarote, Sammlung der Europaratsverträge, SEV Nr. 201.

[9] Der endgültige Wortlaut dieses Erwägungsgrunds der Richtlinie hängt von der Position ab, die das Vereinigte Königreich und Irland im Einklang mit den Bestimmungen des Protokolls (Nr. 21) einnehmen werden.

[10] ABl. L 300 vom 11.11.2008, S. 42.

[11] ABl. L 93 vom 7.4.2009, S. 23.

[12] ABl. L 82 vom 22.03.2001, S. 1.