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Schwarzfahrer: 10 Millionen Euro Schaden im Jahr

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Rund drei Prozent der Fahrgäste der MVG sind ohne Ticket unterwegs.
Rund drei Prozent der Fahrgäste der MVG sind ohne Ticket unterwegs. © Jantz Sigi

München - Drei Prozent der Fahrgäste sind ohne Ticket unterwegs. Sie verursachen einen  Schaden von 10 Millionen Euro im Jahr. MVG-Chef-Kontrolleur Eduard Imblon spricht in der tz über Ausreden und Rekorde.

Jedes Jahr transportiert die Münchner U-Bahn 384 Millionen Fahrgäste. Doch davon haben drei Prozent keine Fahrkarte – das sind etwa zwölf Millionen Schwarzfahrer pro Jahr! Sie zu erwischen ist

Imblonn MVG
MVG-Chef-Kontrolleur Eduard Imblon. © Westermann

die Aufgabe von Eduard Imblon (52) und seinen Mitarbeitern. Imblon war in den 80ern selbst Kontrollschaffner und leitet jetzt seit 15 Jahren den Bereich Einnahmensicherung bei der MVG. Die tz sprach mit dem Chef-Kontrolleur.

Wurden Sie selber schon kontrolliert?

Eduard Imblon: Selbstverständlich. Ich werde häufig kontrolliert, ich fahre ja jeden Tag.

Erkennen Sie die Kontrolleure nicht?

Imblon: Doch, aber ich sage meinen Leuten: Es ist egal, wer da fährt, ob das unser Geschäftsführer ist oder ich – jeder wird kontrolliert. Das würde ja auch vor den anderen Fahrgästen seltsam aussehen. Ich hatte übrigens eine Fahrkarte.

Wurden Sie nie beim Schwarzfahren erwischt?

Imblon: Nicht, seit ich bei der MVG arbeite (lacht). Mir ist es natürlich auch als junger Kerl passiert, dass ich meine Monatskarte vergessen hatte…

Warum sind die Kontrollen so wichtig?

Imblon: Weil sich die Verkehrsleistungen aus den Fahrgeldeinnahmen finanzieren. Mit dem Schaden, den wir jährlich durch Schwarzfahrer haben, könnten wir zum Beispiel 30 neue Gelenkbusse kaufen! Das sind mindestens zehn Millionen Euro im Jahr. Das ist nur, was allein der MVG durch Schwarzfahrer entgeht.

Wird also sogar zu wenig kontrolliert?

Imblon: Wir haben eine sehr gute Kontrollstrategie. Wir sind flächendeckend, rund um die Uhr präsent. Im vergangenen Jahr ist die Zahl der Schwarzfahrer aber gestiegen. Die liegt gerade bei drei Prozent der Fahrgäste. Früher waren das im Schnitt 2,5 Prozent.

Wieso der Anstieg?

Imblon: Die 40 Euro schrecken immer weniger ab. Wir hoffen, dass die Entscheidung, das erhöhte Beförderungsentgelt auf 60 Euro anzuheben, bald umgesetzt wird.

Ihre Mitarbeiter müssen sich sicher einiges anhören!

Imblon: Klar, der Respekt ist weniger geworden. Beleidigungen gehören dazu. Etwa „Hast du nix Gescheites gelernt?“. Unsere Kontrollschaffner bekommen ein Rüstzeug mit. Schulungen in Sachen Recht oder auch mit Verhaltenstrainern der Polizei.

Machen Kontrolleure eine Ausbildung?

Imblon: Sie machen bei uns eine Ausbildung und müssen eine schwierige Prüfung bestehen. Man muss in dem Beruf eine gewisse Hemmschwelle überwinden. Es ist nicht einfach, in die U-Bahn einzusteigen und zu sagen „Grüß Gott, die Fahrausweise bitte!“ Dann schauen einen 300 Leute an.

Was ist das Schwierigste an diesem Job?

Imblon: Es ist eine physische und psychische Belastung. Auch wenn manche meinen, der geht nur spazieren und kontrolliert ein bisschen Fahrscheine. Man ist den ganzen Tag auf den Füßen, bei jeder Witterung draußen.

Wie lautet die häufigste Ausrede?

Imblon: „Ich hab meinen Fahrschein verloren.“ Interessanter sind Aussagen wie „Mein Hund oder das Kind hat den Fahrschein gegessen.“ Das kommt häufig. Spannend ist auch „im Winterschlussverkauf am Samstag braucht man keinen Fahrschein“ oder „Ich wollte nur die U-Bahn besichtigen“. Meine Lieblingsausrede in 30 Jahren war ein Herr mit einem kleinen Eimer Wasser und Lumpen in der U 1. Als die Kontrolleure kamen hat er angefangen, die Fenster zu putzen und gesagt, er wäre der Fensterputzer der U1. Das ist natürlich Schmarrn, unsere U-Bahnen werden in der Nacht geputzt.

Gibt es eine Ausrede, die Sie gelten lassen?

Imblon: Es darf kein Pardon geben, schon aus Gründen der Gleichbehandlung.

Gibt es einen Schwarzfahr-Rekordhalter?

Imblon: Unrühmliche Ausnahme ist ein Fahrgast, den wir schätzungsweise 35 Mal aufgeschrieben und mehrfach angezeigt haben. Er ist auch schon mehrmals verurteilt worden.

Fehlt vielen Leuten die Bereitschaft, für ihre Karten zu bezahlen?

Imblon: Den Leuten muss bewusst sein, dass sie eine Dienstleistung in Anspruch nehmen. Das ist genauso wie beim Friseur. Da würde man sich doch auch nicht die Haare schneiden lassen und dann einfach weglaufen. Das ist das gleiche.

Trotzdem gilt Schwarzfahren oft als Kavaliersdelikt!

Imblon: Der Ehrliche ist der, der den Schwarzfahrer mitfinanziert. Es ist aber oft so, dass Leute in der U-Bahn sagen: „Lassen Sie doch den armen Mann fahren.“ Das ist schade. Unsere Kontrollen sind ein Service für den zahlenden Fahrgast. Hätte man heute keine Schwarzfahrer, könnte man die Preise ein Stück moderater halten oder mehr Angebot finanzieren.

Florian Fussek

Wie ein Raumschiff: So haben Sie die Münchner U-Bahn noch nicht gesehen

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