Der Mensch stößt immer weiter in den Weltraum vor. Mit etlichen Raketenstarts im Jahr gehen immer neue Forschungssonden auf Erkundungsreise, ständig werden neue Satelliten in den Erdorbit geschossen. Das hat Licht- und Schattenseiten. Müll und Trümmerteile rasen durchs All, lassen das Risiko von Kollisionen bedrohlich steigen. Wer holt den Schrott runter, wer haftet? Auch beim Zukunftsgeschäft Weltraumtourismus wollen viele mitmischen, allerdings: zu welchen Bedingungen? Und auch auf Rohstoffe im All richten sich erste begehrliche Blicke. "Wem gehört der Mond?", fragen Rechtswissenschaftler aus aller Welt während einer gleichnamigen Tagung in Köln. Sie fordern, zeitnah rechtliche Weichen für den Weltraum zu stellen und Klarheit zu schaffen.

"Für Land, Luft und See gibt es Verkehrsregeln, nur für den Weltraum nicht. Man muss jetzt einen Aufschlag machen", sagt Bernhard Schmidt-Tedd vom Deutschen Zentrum für Luft und Raumfahrt (DLR). Dem Juristen bereiten die vielen Hunderttausend Müllobjekte – ausgediente Satelliten, deren Fragmente oder ausgebrannte Raketenteile – große Sorgen. Mit mehr 25.000 Kilometern pro Stunde rasen die Schrottteile durchs All. "Aktuell werden noch dazu viele Klein- und Kleinstsatelliten, für die ein schmales Finanzbudget ausreicht, hochgeschossen. Zum Teil in ganzen Schwärmen."

Schon Millimeter kleine Partikel können ernste Schäden verursachen, etwa größere Satelliten zerstören. Fazit: "Es muss geklärt werden, welche Satelliten in welche Höhen und Umlaufbahnen gebracht werden dürfen", fordert Schmidt-Tedd. In geringeren Höhen ist die Erdanziehung größer, die Teile verglühen, wenn sie in die Erdatmosphäre eintreten. Der Hochrisikobereich beginne ab 600 Kilometern. Dort befinde sich besonders viel Müll. Weniger problematisch sei der Geostationäre Orbit in einer Höhe von knapp 36.000 Kilometern.

"Es muss auch geklärt werden, ob ein aktiver Satellit einem abgeschalteten Satelliten vorsorglich ausweichen muss – und wer dann diesen Energieverbrauch bezahlt", erläutert der DLR-Experte. "Und wer bei Kollisionen, die es vereinzelt ja schon gegeben hat, für die schwer nachweisbaren Schäden aufkommt."

Professor Stephan Hobe vom Institut für Luft- und Weltraumrecht der Uni Köln, das die Tagung ausrichtet, sagt: "Das All wird irgendwann so verschmutzt sein, dass die Raumfahrt gefährdet ist, dass auch Kommunikationssatelliten nicht mehr zum Einsatz kommen können." Trotzdem sei die Einsicht der Staaten noch gering, denn: "Es würden hohe Kosten im Milliarden-Bereich anfallen." Das Problem sei, dass es keine verbindliche Vorschrift gebe, die zur Müllbeseitigung verpflichte. Mehr Hoffnung hat Hobe, wenn es darum geht, neuen Müll im Weltraum zu vermeiden. "Da fühlen sich die Staaten doch verantwortlicher, auch bei beteiligten Privaten Mitverantwortung einzufordern."

Hobe hält Verkehrsregeln im All auch angesichts möglicher kommerzieller Unternehmungen für wichtig. "Der schnelle Transport von Gütern oder eine Fabrikation bestimmter Werkstoffe oder Pharmazeutika unter Ausnutzung der verminderten Schwerkraft sind in Zukunft durchaus vorstellbar." Der Rahmen solle vorab verbindlich abgesteckt werden. "Staaten müssten dafür auch offenlegen, was sie an Objekten für zivile und militärische Nutzung oben haben."

Auch der Weltraum-Tourismus könne nicht ohne rechtliche Regelungen expandieren. "Es wird ein teures Hochrisiko-Unterfangen bleiben, aber zunehmen. Wir müssen zum Beispiel klären, ob sich die Anbieter weiter mit der Klausel 'auf eigene Gefahr' für den Kunden aus der Affäre ziehen dürfen."

Und wem gehört nun der Mond? "Der Internationale Weltraumvertrag verbietet den Staaten die Aneignung von Himmelskörpern", sagt Hobe. Und im Mondabkommen wird dieser mit seinen Ressourcen als gemeinsames Erbe der Menschheit bezeichnet. Es gebe aber eine rechtliche Grauzone, die Verträge müssten überarbeitet werden.

Der Kölner Experte warnt: "Die Amerikaner wollen stark an das Thema Ressourcenabbau und Eigentumsrechte zur wirtschaftlichen Nutzung ran. Wir sollten in Alarmstimmung sein bei Alleingängen." Er plädiert für Zurückhaltung. "Wir müssen uns gut überlegen, ob wir in der fernen Zukunft wirklich Schürfrechte für den Mond wollen oder eine Art Bergbaubehörde für den Mars. Die bessere Option könnte ein Status Naturschutzpark sein." 

von Yuriko Wahl-Immel, dpa