Local Commerce: Was Yatego Local besser macht als eBay

Ob die „Online-City Wuppertal“ oder das kürzlich gestartete Pilotprojekt „Mönchengladbach bei eBay„: In schöner Regelmäßigkeit schießen derzeit lokale Online-Marktplätze aus dem Boden, über die sich stationäre Einzelhändler einen zusätzlich Vertriebskanal im Internet erschließen sollen. Das klingt in der Theorie vernünftig, dürfte aber in der Praxis selten funktionieren.

Yatego LocalYatego Local will online gar nicht unbedingt verkaufen (Bild: Screenshot)

Die Krux bei allen lokalen Online-Marktplätzen ist nämlich, dass sie stationäre Einzelhändler in das ECommerce-Geschäft zwingen. Händler müssen daher immer wieder Angebote einstellen, Produktbeschreibungen texten und Fotos von ihren Produkten machen, wenn sie erfolgreich online verkaufen wollen. Das alles bedeutet letztlich zusätzliche Arbeit im Alltag, in dem viele Einzelhändler aber mit ihrem stationären Tagesgeschäft bereits ausgelastet sein dürften.

Dazu kommt: Lokale Online-Marktplätze wie die Online-City Wuppertal adressieren nur Kunden aus der Region. Die Stärken des Online-Handels liegen aber ja gerade darin, dass Händler mit einem Shop bundesweit Kunden erreichen können. Wer dagegen auf einem lokalen Marktplatz verkauft, macht sich zwar zusätzliche Mühe für den Online-Vertrieb, limitiert gleichzeitig aber seine Verkaufschancen, wenn der Online-Marktplatz nur Kunden aus der Region erreicht.

Verkaufen schwer gemacht: Local Commerce hat ein Strukturproblem

Sinnvoller als regional begrenzte Angebote wie die Online-City Wuppertal wirkt deswegen das Projekt „Mönchengladbach bei eBay“, das vor wenigen Wochen gestartet ist. Zwar gibt es auch hier eine Einstiegsseite, auf der sich lokale Händler aus der Region präsentieren. Deren Produkte sind aber immer auf dem gesamten eBay-Portal zu finden, wenn sie dort verkaufen. Einzelhändler aus Gladbach können bei eBay also Kunden aus ganz Deutschland erreichen.

Das Manko hier ist dafür aber: Wer über eBay verkauft, befindet sich im Wettbewerb mit eBay-Verkäufern, die sich allein auf das Online-Geschäft konzentrieren können. Während der lokale Einzelhändler sein ECommerce-Geschäft also quasi nach Feierabend betreiben muss, können sich die Konkurrenten den ganzen Tag mit dem Vertrieb im Internet beschäftigen. Stationäre Händler dürften daher schnell das Nachsehen haben, da ihre Online-Konkurrenten auf dem Portal zum Beispiel schneller mehr Angebote einstellen oder Produkte versenden können.

Ben Rodrian

Diese Beispiele legen nahe, dass Local Commerce ein strukturelles Problem hat – egal ob Einzelhändler nun bundesweit verkaufen oder sich online auf lokale Kunden konzentieren. Deshalb verfolgt nun die Yatego GmbH bei ihrem lokalen Online-Marktplatz „Yatego Local“ ein anderes Konzept. „Wenn lokale Händler online verkaufen, konkurrieren sie direkt mit den großen Pureplayern„, warnt Yatego-CEO Ben Rodrian (siehe Foto). Und weil Einzelhändler diesen Kampf nicht gewinnen könnten, rückt Yatego den Verkauf in den Hintergrund.

Gestartet wurde Yatego Local in diesem Sommer, als erste Stadt wurde Regensburg auf der Plattform abgebildet. Internetnutzer finden daher auf dem Portal nun Informationen zu über 1.000 Händlern aus Regensburg, womit Yatego Local das Angebot der Altstadt nach eigenen Angaben im Netz völlig abdeckt. Das unterscheidet Yatego Local schon einmal von Projekten wie der Online-City Wuppertal, wo meist nur ein Bruchteil der Händler aus der Stadt im Netz vertreten ist. Im Falle Wuppertal sind beispielsweise rund 60 Händler aus der Region auf dem Online-Portal zu finden, während es vor Ort laut Schätzungen um die 2.000 Händler gibt.

Yatego Local will aber nicht nur alle Händler aus der Altstadt im Netz abbilden. Auf dem Portal finden Internetnutzer im Gegensatz zur Online-City Wuppertal auch Einträge von Bars, Cafés und Restaurants – also Unternehmen, die gar nicht erst groß online verkaufen können.

Ein regionales Online-Portal ist nur dann sinnvoll, wenn Kunden dort auch Informationen zu allen Geschäften aus der Region finden„, argumentiert Yatego-Chef Rodrian. Und dürfte damit Recht haben. Wenn Kunden online nämlich nur wenige Unternehmen finden, ist das Portal als Informationsquelle uninteressant. Dann bleiben die Nutzer fern und Händler haben keinen Anreiz mehr, dort überhaupt noch aktiv zu werden – und damit droht ein Teufelskreis.

„Der lokale Händler ist ein Generalist, der nicht alles selber machen kann“

Um Nutzern einen vollständigen Überblick zu bieten, setzt Yatego Local auf ein Freemium-Modell. Das bedeutet: Jedes lokale Unternehmen bekommt automatisch einen kostenlosen Grundeintrag, wie man es von Branchenbüchern kennt. Bei anderen Online-Marktplätzen müssen regionale Händler dagegen in der Regel selbst aktiv werden. Wer sein Geschäft dann individueller präsentieren will, zahlt eine Pauschale von 40 Euro im Monat. Händler können dann zum Beispiel ihr Geschäft auf dem Online-Marktplatz in einem Online-Video präsentieren und aus einer zentralen App heraus Anzeigen erstellen oder einzelne Produkte zum Verkauf auf der Plattform anbieten – was aber ja nicht unbedingt im Fokus von Yatego steht.

Lokale Einzelhändler müssen sich von dem Gedanken verabschieden, dass Kunden ein völlig austauschbares Produkt im Internet gerade bei ihnen kaufen wollen„, argumentiert Rodrian.

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Einzelhändler sollten sich ihm zufolge auf ihre Stärken konzentrieren und zum Beispiel Kunden in ihr Geschäft locken und dort dann mit einer guten Beratung beeindrucken. „Wenn sich lokale Online-Marktplätze aber auf den Abverkauf konzentrieren, können Einzelhändler ja gar nicht mehr im persönlichen Gespräch punkten„, mahnt der Yatego-Chef. Schließlich wird dann die Ware ja direkt vom Händler an den Kunden verschickt, ohne dass dieser das Geschäft besucht.

Die ersten Erfahrungswerte stimmen Rodrian jedenfalls zuversichtlich, dass Yatego mit seiner Strategie richtig liegt. Knapp jeder zehnte Regensburger Einzelhändler zahlt daher bei Yatego Local bereits, um sein Geschäft auf der Plattform zu individualisieren. Vergleichbare Einträge könnten Händler zwar auch kostenlos bei Google Places pflegen. „Der regionale Händler ist aber ein Generalist, der sich um spezielle Online-Marketing-Aktivitäten einfach nicht selber kümmern kann oder will„, verdeutlicht Rodrian. Deshalb seien eigentlich alle Regensburger Händler dankbar dafür, dass Yatego ihr Unternehmen nun mit einem Grundeintrag auf dem neuen regionalen Online-Portal präsentiert – und sie eben nicht auch noch in den Online-Handel zwingt.

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2 Kommentare

  1. „rückt Yatego den Verkauf in den Hintergrund.“

    Wäre man böse könnte man sagen „darin hat Yatego ja Erfahrung“ 🙂

    Ob jetzt ein „Stadtportal“, angeschlossen an die örtliche Tageszeitung, im Jahre 2015 wirklich die Lösung ist und sich hier wirklich nennenswerte Zahlen von Gewerbetreibenden dazu entschliessen werden ein kostenpflichtigen Account zu betreiben, würde ich mal eher anzweifeln wollen.

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