Richtig aufräumen : Alles muss raus
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Die wichtigste Regel lautet: Das Aufräumen beginnt im Kopf Bild: Doriano Solinas/SIS
Das Büro aufräumen, den Keller ausmisten und das Depot entschlacken - zum Jahresende nehmen wir uns stets zu viel vor. Besser ans Ziel führen kleine Schritte.
Der Mann kennt unser Gehirn wie kein Zweiter, es gibt kaum eine Windung, die er noch nicht erforscht hat. Und trotzdem räumt auch Gerhard Roth, einer der profiliertesten deutschen Hirnforscher, sofort ein: „Natürlich bin auch ich schon daran gescheitert.“
Irgendwie beruhigend. Denn die Erfahrung, von der der Bremer Professor da spricht, machen viele Menschen, und zwar besonders zum Jahresende. Schließlich scheint die freie Zeit zwischen Weihnachten und Silvester jedes Jahr aufs Neue eine ganz besondere Gelegenheit zu bieten: Endlich mal Ordnung schaffen! Den Keller ausmisten, die Akten im Büro sortieren, Pläne für die Zukunft machen. Doch am Ende sind die Tage ruck, zuck vorbei, und zurück bleibt meist ein schlechtes Gefühl: Wieder kaum etwas geschafft.
Das Gehirn spart, wo es nur kann
Das hat vor allem einen Grund: So, wie die meisten Menschen an die Sache herangehen, ist sie von vornherein zum Scheitern verdammt. „Wir unterschätzen vollkommen, wie wenig unser Gehirn auf solche Tätigkeiten eingestellt ist “, sagt Forscher Roth. Seine Lösung lautet darum: Ordnung beginnt im Kopf. Ist der aufgeräumt, fällt auch das Aufräumen an anderer Stelle wesentlich leichter.
Doch wie macht man das, seinen Geist ordnen? Indem man zunächst im Groben versteht, wie unser Gehirn funktioniert. Zwar streiten sich die Wissenschaftler hier über viele Details, aber in einem Punkt sind sich die meisten Forscher einig: Das Gehirn folgt stets einer einfachen ökonomischen Regel - bei allen seinen Aktivitäten ist es bemüht, nie mehr Energie als nötig einzusetzen. Anders ausgedrückt: Es spart, wo es nur kann.
Dies ist nicht nur der Schlüssel zum Verständnis des Gehirns, sondern auch der wesentliche Grund für das häufige Misslingen der Aufräumaktionen zum Jahresende. Denn Energie spart unser Kopf vor allem dann, wenn er eine Sache schon kennt, wenn er also an sie gewöhnt ist - und genau das ist beim Ausnahmefall des Großreinemachens zwischen den Jahren eben nicht so.
Eine neue Gewohnheit lässt sich nur behutsam erlerne
Dass unser Gehirn solche Situationen als besonders unangenehm erlebt, können Forscher sogar messen: Bei neuen Aktivitäten steigen der Sauerstoff- und der Zuckerverbrauch drastisch an - das Gehirn befindet sich im Stress, es fühlt sich stark gefordert. Bei eingeübten Tätigkeiten dagegen ist nicht nur der Energiebedarf unseres Kopfes im Durchschnitt um zwei Drittel geringer, sondern fatalerweise kommt noch ein zweiter Effekt hinzu: Als Belohnung dafür, dass die Dinge so prächtig laufen, werden euphorisierende Botenstoffe freigesetzt - darum fühlen sich Menschen so gut, wenn ihnen etwas leicht von der Hand geht.
Die zentrale Frage lautet darum: Wie kann man das Gehirn überlisten - und auf diese Weise etwas so Unangenehmes wie das Ordnungschaffen zur lieben Gewohnheit machen?
An der Antwort hat sich ein ganzes Heer von Sachbuchautoren abgearbeitet - aber kaum jemand so klar wie Birgit Medele. Die Expertin weiß: Eine neue Gewohnheit lässt sich nur behutsam erlernen. Und dies gelingt umso besser, wenn die Verhaltensänderung mit der Aussicht auf eine Belohnung verbunden ist - nur so wird das Unangenehme zum Angenehmen.